Mittwoch, 22. März 2017

Lerntipps für die Schule, Uni, Vorträge oder das Leben

Der Mensch soll lernen, nur die Ochsen büffeln. (Erich Kästner)

Es ist ein Text für unterschiedlich alte Zweibeiner, deshalb sind Fachbegriffe manchmal in Klammern erklärt. Und es sind keine Fünfminutentipps, sondern mehr grundlegende Hintergrundinformationen.

Einleitung

Es gibt verschiedene Formen des Lernens und verschiedene Systeme, nach denen diese verschiedenen Formen klassifiziert (eingeteilt) werden.
Es gibt dazu Begriffe wie Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis, prozedurales Gedächtnis, implizites Gedächtnis, explizites Gedächtnis, Ultrakurzzeitgedächtnis, sensorisches Gedächtnis, lernzielorientiertes Lernen, leistungsorientiertes Lernen und so weiter und so weiter.
Das ist aber eigentlich alles gar nicht so wichtig, denn eigentlich zeigt es nur wie Wissenschaft funktioniert. Es zeigt was passiert, wenn Menschen etwas noch nicht wirklich verstanden haben - dann bilden sie Modelle um Dinge zu beschreiben und Vorhersagen zu treffen um anschließend mit Versuchen diese Modelle zu bestätigen oder zu widerlegen, um dann gegebenenfalls neue Modelle zu erstellen, diese wieder zu überprüfen und so weiter.

Vorwissen

Nehmen wir uns eines dieser Modelle, welches nur grob der Wirklichkeit entspricht, aber ein paar grundlegende Eigenschaften unseres Gehirns sehr gut abbildet: Das Deep-Learning (du kannst einen deutschen Untertitel einblenden und die Geschwindigkeit etwas herabsetzen, wenn du noch nicht so gut zu Fuß bist mit deinem Englisch):


Darin ist beschrieben, wie unser Gehirn lernt Dinge auseinander zu halten: Laute, Gegenstände, Gesichtsausdrücke, Muskelbewegungen und vieles mehr. Darauf aufbauend lernen Menschen Sprechen (↗Sprache und der Einfluss auf unsere Wahrnehmung), Fahrradfahren, Laufen und alles andere.
Einmal seine Muttersprache gelernt, kannst du dieses gelernte Wissen dazu benutzen anders zu lernen, wie zum Beispiel konkrete Fakten oder eine Fremdsprache.
Bei dem Erlernen von Jahresdaten, dem Verstehen der Mathematik und dem Erlernen einer Fremdsprache ist dir vielleicht schon einmal aufgefallen, dass du diese Sachen alle anders lernst und hinterher anders benutzt.
Für eine Fremdsprache nützt es dir in den meisten Fällen sehr wenig, wenn du alle Grammatik Regeln auswendig daher sagen kannst oder sogar verstanden hast. Es ist viel nützlicher sie einfach anwenden zu können. Und in der Mathematik nützt es dir rein gar nichts, wenn du Lösungswege wie Jahresdaten auswendig lernst oder die Regeln anwenden kannst, aber nicht verstanden hast, was du da tust. Das ist wichtig zu unterscheiden für die verschiedenen Lerntipps.

Allgemeine Hinweise für das Lernen von Fakten

Zu Beginn aber ein paar allgemeine Tipps:
  • Das Gehirn sortiert wichtige von unwichtigen Dingen beim Schlafen und speichert (lernt) nur die, welche es als wichtig bewertet. Ausreichend Schlafen ist also wichtig für dein Gehirn, damit es genügend Zeit hat gelerntes Wissen abzulegen. Deshalb ist lernen kurz VOR dem Schlafen gehen auch sehr effektiv. Kleine Anmerkung: Deshalb schlafen Babys soviel, denn sie haben jede Menge zu lernen.
  • Die Beurteilung von wichtigem und unwichtigem Wissen ist nicht wirklich bewusst steuerbar und sie ist nicht objektiv, sondern wird durch deine Emotionen beim Lernen gesteuert. Dinge, welche du mit Emotionen verknüpfst, behältst du deshalb immer besser, als langweilige Sachen. Du solltest also möglichst vor, nach und während des Lernens kein Fernsehen gucken, keine Musik hören, keine Computerspiele spielen oder in deinen sozialen Netzwerken herum trödeln. Aufgrund der Lichtreize, der dargestellten emotionalen Beziehungen/ Inhalte, der persönlichen Involviertheit (wie stark du daran beteiligt bist) insgesamt, etc. sorgst du sonst dafür, dass du dich daran ganz genau am nächsten Tag erinnerst, aber nicht an das, was du lernen wolltest (↗Warum sind emotionale Inhalte immer interessanter für gesunde Menschen, als nicht emotionale). Das heißt, du solltest dich auch nicht Streiten. Und Babys sollten sich nicht in den Schalf weinen.
  • Du solltest nicht unter Stress lernen, weil du dann zwar schnell viel lernst, das Gelernte aber  nicht kreativ einsetzen kannst. Außerdem konditionierst (trainierst) du dich darauf, das Lernen Stress bedeutet. Da dein Körper Stress gern aus dem Weg geht, erziehst du dir eine sehr niedrige Motivation an für alles, was mit Lernen, Schule, Wissen, Verstehen, etc. zu tun hat. Und du sorgst dafür, dass du den Stress jedes Mal wieder in dir erzeugst, wenn du mit diesem Wissen konfrontiert wirst - also auch für die Prüfung. Gerade wenn du eh schon Prüfungsangst hast, ist das gar nicht gut. ↗Ein paar Tipps gegen Prüfungsangst sind hier gelistet. Das sollte im Übrigen auch Eltern/ Dozenten/ Gruppenleitern unbedingt bewusst sein: Menschen/ Kindern mit Drohungen und Angst zu guten Noten treiben zu wollen oder mit Erniedrigungen ist äußerst kontraproduktiv (kontra heißt gegen etwas und produktiv heißt hier einen Nutzen erbringend).
  • Beschäftigungen die vor und nach dem Lernen gut tun: Sport, Schlafen, Hausarbeiten wie putzen (also stumpfsinnige Dinge), Pflichten im Allgemeinen (Abrechnungen, ...), Entspannung, monotone Dinge, welche Konzentration erfordern euch aber gefallen (Löten, Origami, Malen, Stricken, etc.) oder anderen das eben gelernte Erklären, ...

Konkrete Lernratschläge für Fakten

So nun zu ein paar konkreteren (hier: greifbar, direkt umsetzbar) Lerntipps:
Wie lernt man Fakten, deren Wissen oder Unwissen keinerlei persönliche Bedeutung besitzt:
  • 1. Möglichkeit: lerne diese Fakten im Zusammenhang mit interessanten Informationen. Reine Daten können spannender werden, wenn man sie in den größeren Zusammenhang bringt. Beispiele: Du interessierst dich für Medizin und in der Schule ist gerade die Steinzeit dran? - Wusstest du, dass die Menschen in der Steinzeit schon Operationen am Gehirn durchgeführt haben und die Menschen in 50 % der Fälle überlebt haben - finde die am ältesten zurück datierten Funde dazu und stelle das in Relation (Verbindung) zu dem Datum, dass du dir merken muss. Welche Mittel hatte man in der Steinzeit zum operieren, wie wurde das umgesetzt und warum wurde das später wieder verlernt.
    Ein anderes Beispiel ist die 1848er Revolution in Deutschland - wusstest du, dass Ignaz Semmelweis erstmals herausgefunden hat, was man gegen Kindbettfieber tun kann? - Was ist Kindbettfieber, warum hat ausgerechnet Semmelweis das herausgefunden und wann - Wann war das Datum was du dir merken solltest in dem Zusammenhang - wie weit war Semmelweis da bereits mit seinen Erkenntnissen? Wie hat die Revolution Semmelweis' Leben beeinflusst und zu welchem Zeitpunkt?
    Oder du bist eher an Philosophie interessiert? -Wusstest du, dass le Bon sein sehr berühmtes Werk "Psychologie der Massen" anhand der Erfahrungen zu diesen Ereignisse aufgeschrieben und Schlüsse daraus gezogen hat? Welche Ereignisse (die du gerade lernen solltest) könnte mit welcher Aussage in seinem Buch korrelieren (~zusammenhängen).
    Oder bist du doch eher von Musik begeistert? Welche Komponisten lebten zu der Zeit und was haben sie kurz davor und danach gemacht? Hatten die Ereignisse Einfluss auf ihr Werk und in welcher Form? Welche Melodien von ihnen werden heute noch in neue Lieder eingeflochten?

    Diese Lernmethode ist recht zeitintensiv, hat aber den Vorteil, dass du eine ziemlich gute Allgemeinbildung bekommst und du neben den Fakten vor allem lernst dein Wissen unglaublich stark zu vernetzen und damit langfristig wesentlich besser wirst in der Schule. Außerdem bekommen die gelernten Fakten dadurch eigentlich erst einen Sinn, denn nur Daten zu wissen - dafür gibt es mittlerweile Suchmaschinen. Allerdings wirst du sehr vermutlich kein Bestschüler, sondern nur ein guter Schüler von den Noten her, so wie unser Bildungssystem aufgebaut ist, es hilft dir aber im Leben.
  • 2. Möglichkeit: Du hast gar keine Interessen, keine Interessen, die in irgendeiner Form mit deinem Lernpensum zu tun haben oder schlichtweg ergreifend keine Zeit oder Motivation soviel Zeit fürs Lernen aufzuwenden. Den ersten Punkt solltest du unbedingt ändern, jeder sollte etwas haben, wofür er sich interessiert und was er gern macht, das hilft sich darauf zu besinnen, wenn es zum Beispiel mal beruflich, beziehungsmäßig oder gesundheitlich nicht so klappt oder man insgesamt Stress hat. Wenn man dann einmal ohne Ziele dasteht, ist der Frust nicht allzu groß und kann leichter überwunden werden.
    So. Und in den anderen Fällen gibt es verschiedene Mnemotechniken für sture Fakten.
    Und im Prinzip nutzen diese Mnemotechniken Tricks, um die oben vorgestellte Lerntechnik zu "simulieren" (nachzuahmen). Dein Gehirn lernt nur Dinge, welche mit Gefühlen und anderen Zusammenhängen verbunden sind oder die völlig ungewöhnlich sind, sozusagen wider (entgegen) den eigenen Erwartungen. Wobei das auch ein Gefühl hervorruft - eine sehr positives, nämlich Überraschung. Ein Aspekt den du oben im Video erklärt bekommen hast ist, dass unser Gehirn die Umwelt abbildet, um Vorhersagen für die Zukunft machen zu können. Ist das Gehirn einmal ausreichend auf ein Problem trainiert (kann es also Züge von Häschen unterscheiden), wird diese Problem nicht mehr weiter vertieft, weil das sinnlos Energie verbrauchen würde (und unser Körper neigt in der Regel über kurz oder lang dazu möglichst wenig Energie zu verbrauchen). Erst wenn du zu den Häschen und Zügen wieder etwas Neues/ Unerwartetes hinzufügst, kann es wieder Interessant werden.
    Ein weiterer Punkt, den du oben in dem Video vermittelt bekommst ist, dass eine der "untersten" (betrachtet aus Sicht der Verarbeitung der Informationen, nicht unbedingt räumlich) Schichten in deinem Gehirn räumliche Informationen beinhaltet und sehr vieles darauf aufbaut. Wenn du dir entsprechend Dinge vorstellen kannst in einer räumlichen Struktur, dann werden viele Schichten gleichzeitig aktiviert und das bewirkt, dass du dir diese Sachen gut merken kannst. (Andere sehr grundsätzliche Informationen sind Duft und Geräusche)
    Die Mnemotechniken verbinden oft beides: zum Beispiel die Loci-Methode (Stichwort: Assoziationskettenmethode) von lat. locus "der Ort" in Verbindung mit der Schlüsselwortmethode. Dazu musst du dir einen Weg einprägen- durch dein Zimmer/ Wohnung/ Schulweg/ Videospiel/ entlang deines Körpers - was du magst, mit möglichst vielen Details, an denen du jedes mal verweilst, während du dir die Strecke einprägst.
    Nun brauchst du Phantasie: Beginne dir das was du lernen möchtest (Listen wie zeitliche Abfolgen, Beschriftungen von schematischen Zeichnungen, Namen, Folgen von Ereignisse wie eine Steigerung des Salzgehaltes der Meere, etc.) mit in diesen Weg Tippel-Tappel-Tour mit lustigen, inhaltlich - oder klangähnlichen Assoziationen (Gedankenverbindungen) einzubasteln. Diese Methode eignet sich auch hervorragend für freie Vorträge und Reden, wenn du den Faden nicht verlieren möchtest.

Hinweise zum Lernen einer Sprache

Wenn man eine Sprache erlernen möchte, dann in der Regel deshalb, weil man sie benutzen möchte um zu kommunizieren. Eine Fremdsprache ist also in den meisten Fällen eher ein Werkzeug, als das Ziel selbst. In diesem Fall ist es am besten, wenn man die Sprache spricht und versteht ohne darüber nachzudenken, du also kein explizites, sondern implizites Wissen hast. Zum Einen kann man dafür natürlich auch Vokabeln lernen - gerade bezogen auf die Rechtschreibung und die Aussprache. Und man sollte ein paar grundlegende Grammatikregeln, Deklinationen, etc. kennen. Aber anders als in der Mathematik muss man Sprache in erster Linie nicht verstehen, sondern können. Dafür kann man am besten, nach den besagten ersten Grundlagen, möglichst viele Fremdsprachentexte übersetzen und zwar richtig Satz für Satz abschreiben und Wörter nachschlagen. Dies erscheint zu Beginn sehr mühsam und der Erfolg wird sich am Anfang nicht einstellen. Es ist also kein Lerntipp für gute Noten in kurzer Zeit, sondern für gute Noten am Ende der Schulzeit, beziehungsweise gute Leistungen beim tatsächlichen Gebrauch. Wenn du eine Sprache auf diese Art und Weise lernst wirst du die Regeln nicht benennen können, aber richtig anwenden lernen. Nachdem du diese Übersetzungsarbeit etwa einen halbes Jahr regelmäßig durchgehalten hast (manche schaffen das natürlich viel schneller, andere brauchen länger), kannst du dich auf das Sprechen fokussieren und auf das Verstehen der gesprochenen Sprache. Letzteres geht ganz gut mit Filmen die einen Untertitel in der jeweiligen Fremdsprache habe und Ersteres indem du entweder Selbstgespräche führst oder besser mit einem Muttersprachler regelmäßig redest, wenn es dazu die Möglichkeit gibt. Anders als Grammatikregeln solltest du jedoch hierfür stärker mit explizitem Wissen arbeiten. Da Menschen etwa im Alter von 8 Monaten anfangen die Fähigkeit zu verlieren alle Sprachlaute zu differenzieren, musst du dich dafür mit etwas "höheren" Gehirnschichten auseinandersetzen. Dafür gibt es Beschreibungen der Zungenlage, der Stelle der Vibrationen des Kehlkopfes (die man zum Beispiel mit sanftem Handauflegen überprüfen kann) und so weiter, um die Sprachlaute richtig zu sprechen. Obwohl man selbst den Unterschied am Anfang gar nicht bemerkt, lernt man mit der Zeit diese feinen Abstufungen wahrzunehmen. Um an Sprachmaterial heran zukommen musst du kein Geld ausgeben. Auf Videoplattformen wie YouTube gibt es dazu jede Menge Angebote. Und wenn du das auch noch mit etwas Sinnvollem (Nachhaltigem) verbinden möchtest, kannst du selbst Untertitel hinzufügen.

Hinweise zum "Lernen" von Mathematik


Wie ist das in der Mathematik? Ziel von Mathematik ist nicht sinnlos irgendwelche Formeln oder Rechenwege zu beherrschen.  Leider gibt es für diese Art des Lernens noch keine anschaulichen Modelle wie das Deep-Learning. Deshalb gibt es dazu kein Video. Und es ist auch der Grund, warum man Computer bisher nicht wirklich als intelligent bezeichnen kann, denn solange man das nicht in Modelle packen kann, ist es auch sehr schwer bzw. eher unmöglich diese Form des Lernens nachzubilden beziehungsweise zu programmieren. In der Psychologie nennt man diese Art des Lernens, Lernen durch den "Aha-Effekt".

Wer mit Mathematik Schwierigkeiten hat, neigt oft dazu durch ständiges Wiederholen von verschiedenen Rechenaufgaben, sein Gehirn die Regeln hinter den Aufgaben selbstständig erfassen zu lassen. Ich möchte nicht sagen, dass diese Herangehensweise grundsätzlich schlecht ist. Denn Kinder, die sonst gar keine Mathematik lernen würden (wie zum Bespiel die meisten Kinder mit Downsyndrom), können so zumindest bestimmte Grundwerkzeuge erlernen, um Mathematik an einfachen Stellen im Alltag trotzdem einsetzen zu können und dadurch eine wesentlich größere Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit erlangen. Darüber hinaus sorgt diese Vorgehensweise ab und an auch für den "Aha-Effekt". Eine berühmte Entdeckung, welche auf diese Art und Weise gemacht wurde, war zum Beispiel das Periodensystem der Elemente von Mendelejew, der nach monatelanger Beschäftigung mit dem Problem der Sortierung der Elemente, nachts von der Lösung geträumt hat. Das Faszinierende daran ist, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Periodensystem sehr viele Elemente noch gar nicht bekannt waren, geschweige denn das man etwas von ↗Außenelektronen, etc. wusste.

Das Problem an dieser Methode ist, dass man zum Üben in der Mathematik nie das volle Sprektrum aller Regeln durch unzählige Aufgaben abdecken kann. Es gibt Schulmodelle (z.B. Waldorf und  Montessori) und auch ein paar wenige Hirnforscher (wie u.a. Manfred Spitzer & Gerald Hüther), die zwar genau das vorschlagen, aber das sind Menschen, die keine Ingenieure, Physiker, geschweigedenn Mathematiker sind und deshalb das Problem darin nicht erkannt haben. Denn diese Hirnforscher und Lehrer selbst erleben die Notwendigkeit so stark zu abstrahieren in ihrem Alltag nicht, wie das in den meisten MINT-Bereichen notwendig ist. (Es gibt auch Hirnforscher, welche genau diese Abstraktion benötigen, wie für die mathematischen Modelle unseres Gehirns, diese unterstützen aber dann keine Schulmodelle wie die Reformpädagogik und aucht nicht das Lernen durch bloßes Üben.) Es nützt niemandem etwas, wenn jemand ein Problem löst mit den Mitteln für einfache Systeme (zum Nachschlagen: z.B. ein Eingrößensystem beschrieben mit linearen Differentialgleichungen), um beispielsweise ein einfaches Wirtschaftsmodell zu erstellt, alles richtig nach Schema F löst und darauf aufbaudend Vorschläge für Gesetzesentwürfe erstellt, wenn der Ansatz falsch war, von linearen Zusammenhängen und nur einer Einflussgröße in der Wirtschaft auszugehen. Außerdem ist das eine sehr langweilige und zeitintensive Art sich der Mathematik zu nähern. Diese Langeweile begründet auch die Ablehnung vieler Kinder und Menschen allgemein für Mathematik oder MINT-Wissenschaften allgemein.
Leider ist unser Schulsystem so aufgebaut, dass man vor allem sehr schnell sein und nicht unbedingt viel verstanden haben muss, geschweigen denn Gründlichkeit belohnt wird. Man kommt also bis zum Abitur oft besser durch und mit besseren Noten davon, wenn man einfach so lange übt, bis man alle Aufgabentypen einigermaßen "auswendig" kann und spult das dann in der Klassenarbeit unglaublich schnell wieder ab. Das Ergebnis davon ist, wie bereits gesagt, dass die meisten Mathematik nicht mögen und nach spätestens 3 Jahren alles wieder vergessen haben. (Leider ist das auch öfters an der Universitäten so.)

Man kann und sollte natürlich, NACHDEM man verstanden hat, was man macht, einige Rechenregeln automatisiert einüben. Es ist einfach nicht sinnvoll nur das Prinzip der Grundrechenarten verstanden zu haben, weil man dann bei komplexeren Aufgaben zu langsam ist. Und in diesem einen Punkt, ist es dem Lernen einer Sprache ähnlich, denn es hilft die Symbole in der Mathematik wie eine Sprache/ Vokabeln zu beherrschen, um den Inhalt leichter aufzunehmen. Deshalb gibt es viele Aufgaben, die man lösen soll, um genau das zu beherrschen. Das ist wie das Übersetzen eines Textes aus einer fremden Sprache nur immer MIT der Verbindung zum Verstehen der Regel.
Davor sollte man aber möglichst den Weg verstehen.
Was hilft beim Verstehen des Weges und der Herleitung? Anwendungsbeispiele, verschiedene Erklärungen durch andere (zuerst Personen, dann Bücher und Videos), eigenständiges grafisches Veranschaulichen des Problems (viele mathematische Probleme lassen sich grafisch darstellen und oft gibt es ähnliche Darstellungen schon) und selbst verstandenes Wissen weiter erklären. Ein gute Beispiel für die grafische Veranschaulichung eines Problems ist im Übrigen oben das Video zum Deep-Learning, einer der Gründe, warum ich dieses Video sehr mag.
Es gibt Gründe, warum es für den Großteil des Stoffes in der Schule genau in dieser Reihenfolge sein sollte - Erklärung durch Dritte, Bücher, Videos, selbst weiter erklären: Um ein mündiger Bürger zu sein, sollte man ein gewissen Grundstock an Wissen haben und alles im Selbststudium zu erarbeiten, ist unglaublich aufwendig. Das heißt nicht, dass du nicht lernen solltest, dir auch komplett eigenständig Wissen zu erarbeiten - in deiner Freizeit oder bei einzelnen Projekten - am besten mit jemanden, den du in Sackgassen auch um Hilfe bitten kannst, der selbst einen Überblick über das entsprechende Gebiet hat, um nicht zu verzweifeln. Aber eigenständiges Lernen setzt auch eine gewisse Menge an Grundwissen voraus, um zu wissen, wie man vorgehen muss, was wichtig ist und sein könnte. Und um zu wissen, welche Wege es gibt verscheidene Dinge gut zu verstehen, muss man die Wege alle schon kennen. Das kann man aber nicht, wenn man etwas noch nicht weiß. Deshalb ist Lernen mit Lehrer effizienter als durch eigenständiges Erarbeiten. - Ein Beispiel: Die Zahl Null ist keine Selbstverständlichkeit. Es hat Jahrtausende gedauert in der Mathematik um diese Zahl der leeren Menge zu akzeptieren. Wenn man sich das selber aneignen möchte, könnte man jetzt natürlich hergehen und die ganze Jahrtausende alte Literatur durchforsten nach den Ursprüngen. Man kann das machen - mit jedem einzelnen Baustein allen Wissens ... aber ich glaube nicht, dass man mit dieser Herangehensweise je innerhalb eines Menschenlebens dahin kommt, ein Flugzeug entwerfen zu können.

Warum hilft anderen etwas erklären einem selbst?

Wenn man anderen etwas erklärt, was man selbst schon verstanden hat oder denkt verstanden zu haben, dann beschäftigt man sich zum Einen zusätzlich nocheinmal mit der Problematik. Zum anderen muss man aber auch die Gedankengänge des Verstehens noch einmal nachvollziehen, man muss die Dinge exakt ausformulieren und man muss gegebenenfalls Fragen beantworten, die man selber gar nicht hatte. Und gerade die letzten beiden Punkte sind sehr wichtig.
Forsetzung folgt ...